Atossa vorm Kreißsaal

„Hat das Christentum nie gesündigt? Ist die Sünde nur das Privileg der Armen und der Luxus für die dritten Welt oder ja sogar die Dominanz der islamischen Religion? Wie würden Sie die Sünde interpretieren?“, wollte der Standesbeamte von Kamy hören. „Doch, die Sünde hat neben den Artgenossen wie Folter und Völkermord keine legitimen Eltern; sie sind alle Heimatlos. Die Sünde nistet sich ständig da ein, wo sie die fruchtbaren Nährböden ausspähen kann, und da wo die Pseudoglaube mit Schützenhilfe des Dogmatismus ihre Spielfelder ausbauen kann und auch da wo das Unrecht und der Terror als unverzichtbares Mittel zur Erhaltung einer Ideologie legalisiert wird; sie hat ihren Platz in unserem System und sie hat ihren Platz in euren Herzen. Bitte umarmt mich! Nehmt mich bitte als ein Beuteopfer in eure Mitte auf! Ich will einer von euch werden! Ich bin als Christ Geboren und es ist mein sehnlichster Wunsch, als Muslime zu sterben, und deshalb, weil ich in eurem Paradies - mit den sprudelnden Milchquellen umschlungen im Schoße der zauberhaften, unberührten Jungfrauen unterm Schatten der prächtigen Apfelbäumen- das ewige Leben durchleben möchte“, sagte Kamy zu dem Standesbeamten im Beisein seines Kameraden. Dieser Dialog ist eine von vielen anderen verbalen Auseinandersetzungen nach einem Umbruch, die sich später zum Fanal der menschlichen Ratio ausartete. Denn, der Ausbruch der iranischen Revolution im Jahre 1979 machte anfangs große Hoffnung, hinterließ jedoch später in breiter Schicht der Bevölkerung, eine herbe Enttäuschung. Der Unterschied zwischen den üblichen Diktaturen und der Mullah-Diktatur besteht jedoch darin, dass die Menschen sonst über die individuellen Wünsche, wie die Wahl ihrer Kleidung, ihres Aussehens, ihres Vergnügens (sei es Musik, Hobby, Partnerschaft usw.) frei entscheiden können. In der Islamischen Republik Iran wird dieses Anliegen staatlich reglementiert und jede Übertretung wird mit harten Strafen gemaßregelt.